Darf ich vorstellen: Onkel Bob!
Onkel Bob kennt JEDER! Was? Ihr denkt euch jetzt: Ich kenne keinen Onkel Bob!
Vielleicht kennt ihr ihn nicht unter diesem Namen. Vielleicht heisst Euer Onkel Bob: Tante Gerda, Cousin Markus oder Schwippschwager Ralf....
Denn Onkel Bob hat viele Namen, viele Gesichter und vor allem viele Geschichten! Oh jaaaaa glaubt mir sehr viele Geschichten ;) Denn Onkel Bob ist weise, wenn nicht sogar allwissend!
Gattung: Allwissender
Art: Hochzeitsallwissender
Wissenschaftlicher Name: onculus bobus allwissus fotograficus
Natürliche Feinde: Hochzeitsfotografen
Onkel Bob (lat. onculus bobus allwissus fotograficus) ist meist ein Verwandter mit einer Affinität zur Fotografie aus der Familie der allwissenden Hobbyfotografen. Er fällt durch seine körperliche Präsenz und sein raumeinnehmendes Erscheinen auf. Der charakteristische Ruf ist meist ein tiefes, brummendes, Röhren, manchmal auch ein schrilles Quieken (geschlechterspezifisch), gepaart mit einem hellaufleuchtenden Blitz.
Ihn gibt es nur in einer Art Symbiose aus Mensch und Kamera.
Das umfangreiche Verbreitungsgebiet reicht vom südlichen Allgäu bis in den äußersten Westen Alaskas.
Ursprünglich tarnt sich Onkel Bob als harmloses Familienmitglied. Besonders zur Hochzeitssaison fällt er aber durch einen sehr eigenwilligen Paarungstanz auf.
Verhalten:
Onkel Bob bewegt sich, wie alle Menschen meist am Boden schreitend oder laufend fort.Das Schreiten, bei dem die Schritte weit ausgreifend sind, wird von rhythmischen Fingerbewegungen (Knipsfinger) und einem ständigen Blitzen begleitet. Bei raschen Bewegungen, z.B., um sich in eine gute Position zu bringen, wird die rhythmische Fingerbewegung heftiger.
Nahrung:
Onkel Bob sucht seine Beute (Brautpaar) vorwiegend in geschlossenen, meist beengten und dunkleren Räumlichkeiten. Hier bringt er sich zunächst durch verbale Abklenkung seiner natürlichen Feinde (bezahlte Fotografen) und geschicktes Verdrängen und in den Weg stellen in Position. Vorwiegend findet dies in entscheidenden Situationen, wie dem Ringtausch, dem ersten Kuss, dem Eheversprechen oder dem Auszug aus der Kirche statt. Dieses Separieren der Beute endet meistens in einem finalen Knipsfingerblitz, wobei das Reissen der Beute mit dem typischen Ruf untermalt wird. Durch das ständige Blitzlichtgewitter blendet er die Beute und macht sie somit handlungsunfähig.
Manchmal schafft es Onkel Bob trotz dieser geschickten Manöver nicht, die Beute für sich zu gewinnen, weshalb er offensiv ins Geschehen eingreift. Durch lautstarkes Kommandieren und Dirigieren bringt er die Beute für sich in Position. Gleichzeitig schafft er es, durch körperliche Ausdehnung, boxen und treten, sich seinen natürlichen Feind vom Hals zu halten.
Infokasten:
Ich fotografiere ohne Blitz, weil ich den Augenblick, durch das ständige "klick" und "klack" und "blitz" nicht stören möchte. Ich möchte echte Emotionen und das Paar soll garnicht merken, dass ich da bin. Sie sollen den Moment voll und ganz genießen können. Deshalb halte ich mich im Hintergrund auf. Vor allem während der Zeremonie möchte ich auch nicht in den Ablauf eingreifen. Lediglich beim Brautpaarshooting biete ich dem Brautpaar Hilfe an ;)
Wenn Onkel Bob seine Beute gerissen hat, dann möchte er seine Trophäe auch jedem zeigen. Ohne Scheu nähert er sich seinem natürlichen Feind, um ihn unvermittelt mit einem Überfluss an unnützen Informationen zu lähmen. Hat er dies geschafft, lässt er noch immer nicht von seinem Feind ab. Im Gegenteil, er prahlt mit seiner Jagdstrategie und der Größe und Vielfalt seiner Jagdutensilien, denn nur auf die Größe kommt es an. Er verhöhnt seinen Feind, welcher ihm scheinbar größentechnisch unterlegen ist. Auch kommt es ihm vielmehr auf die Quantität und nicht auf die Qualität an. Er erzählt von früheren Jagderfolgen und ist Meister darin diese Geschichten heroisch auszuschmücken. Abrupt unterbricht er diese Selbstbeweihräucherungen, um sich durch Nahrungsaufnahme für die nächste Jagd zu wappnen.
Infokasten:
Ja, ich habe eine kleine Kamera, was daran liegt, dass ich auf dem neuesten Stand der Technik bin. Diese "kleine" Kamera hat vermutlich mehr gekostet, als der Kleinwagen von Onkel Bob. Und NEIN, es kommt mir nicht auf die Quantität an, sondern viel mehr auf die Qualität! Ich bearbeite jedes einzelne Bild einer Reportage mit viel Liebe und Herzblut und genau das macht meine Arbeit aus.
Spätestens jetzt wisst ihr vermutlich, wen oder was ich mit Onkel Bob meine.
In 90% meiner Hochzeiten durfte ich dieses besondere Exemplar kennenlernen.
Na klar, es ist doch toll, wenn jemand aus der Familie dabei ist und die Hochzeit neben dem bezahlten Fotografen begleitet! Mehr Fotografen, mehr Bilder!
Ohhhhhh NEIN! Glaubt mir, dem ist nicht so!
Seid gewarnt, denn niemand ist vor Onkel Bob sicher! Er meint es nur gut und will Euch nichts Böses, aber ihr müsst Euch im Klaren sein, dass Euer Onkel Bob nie mit auf den Bildern sein wird. Dass er im Hintergrund mit Kamera vor dem Gesicht zu sehen ist und dass es sein kann, dass ein Teil Eurer schönsten Momente, die nicht zu wiederholen sind zwar im Kasten sind, aber immer der Rücken oder die Halbglatze von Onkel Bob darauf zu sehen sein wird.
Wer sich jetzt ertappt fühlt! Keine Angst, Onkel Bob tritt nicht im Rudel auf. Er ist allein! ABER was wirklich in den letzten Jahren Überhand nimmt sind die Handys.
Leute, genießt den Augenblick, die Zeremonie, die Worte, die Schönheit des Paares, die Musik. Ärgert Euch nicht danach, dass ihr nichts mitbekommen habt, nur weil ihr ständig Fotos mit dem Handy gemacht habt.
Zum Einen bekommt ihr nichts von diesem wundervollen Tag mit und zum Anderen sieht es nicht besonders schön aus, wenn bei der Trauung, beim Tortenanschnitt oder beim ersten Kuss im Hintergrund alle mit dem Handy in der Hand und am besten noch vor dem Gesicht dastehen. Das Brautpaar hat sich einen Fotografen ausgesucht. Diesem vertrauen sie und sie wünschen sich schöne Fotos. Eure Stunde kommt an diesem Tag auch noch!
In diesem Sinne: Seid kein Onkel Bob, genießt den Augenblick!
Wahre Geschichten
Und weil ich von meinen Probelesern gebeten wurde, noch ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern, lasse ich Euch noch an zwei meiner besten Geschichten teilhaben:
Es war einmal....Romantische Kirche, traumhaftes Paar, rührende Rede des Pfarrers, meine Kamera auf lautlos, es kommt zum Ringtausch, welchen der Pfarrer ankündigt, ich rücke ein Stück näher heran. Der Pfarrer beginnt zu sprechen, als plötzlich ein roter Blitz aus der ersten Reihe hervorspringt, sich mit einem Hechtbagger rücklings unter das Brautpaar schmeisst, das Handy zückt und die Nasenlöcher des Brautpaares...äh, den Ringtausch filmen möchte. Whaaaaaaaat??? Der Pfarrer und ich blicken uns sprachlos an, er stottert, ich lache, er unterbricht die Rede und stochert unbeholfen mit seinem Fuß in Richtung Onkel Bob.....Äh Mr. äh, entschuldigen sie bitte....räusper...hallo??? Könnten sie bitte.....
Ein verständnisloser Blick und eine abwinkende Geste von Onkel Bob in Richtung Pfarrer, der, um nicht noch weiter aufzufallen, den Ringtausch vollführt. Ich habe bis heute keines der Bilder von Onkel Bob vom Ringtausch gesehen ;) Die unscharfen Nasenlöcher hat er wohl aussortiert. Somit hat er dem Paar nur noch 3000 Bilder übergeben ;)
Kirchliche Trauung, bis auf das ständige Blitzlichtgewitter von Onkel Bob in der Kirche eigentlich richtig schön. Die Musik fängt an zu spielen, das Paar zieht aus der Kirche. Ich bringe mich in Position, um den Auszug festzuhalten, als Onkel Bob mit seinem Beutezug beginnt! Von der ersten Reihe schnellt er hervor (er hat verpasst vor dem Brautpaar in Richtung Ausgang zu gehen), überholt das Brautpaar im schmalen Gang, sodass die Braut fast ihre Blumen fallen lässt. Er kommt kurzatmig vor mir zu Stehen. Schweißgebadet, wohlriechend (NICHT), manifestiert er sich vor mir. (Zum Glück hatte ich schon 3-4 wirklich tolle Bilder im Kasten, sodass ich mich zurück zog). Als er bemerkt, dass das Paar ja nun auf ihn zuschreitet, in Richtung Ausgang, setzt er sich rückwärts in Bewegung, gerät dank seiner grazilen Fortbewegung ins Straucheln, packt im Fallen die Braut am Arm und fällt einarmig, wild rudernd zu Boden, während sich die Braut noch befreien kann, in der Folge aber fast über den, am Boden liegenden Onkel Bob fällt.
Lustig denkt ihr Euch? Ja im Nachhinein schon, aber wer bitte will so etwas an seiner eigenen Hochzeit????
Story: Die Leiden der jungen Eva ;) (Schilfphotoworks)
Bilder: Veronika Vlaskova (Best Artist ever)
Onkel Bob: Er kann überall sein!